
Ist-VersteuerungNeuregelung im Jahressteuergesetz
20. Juni 2024 - Statement von Präsident Peteranderl
„Die im Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 vorgesehene Neuregelung, dass Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Unternehmen, welche die sogenannte Ist-Versteuerung anwenden, erst mit Bezahlung der Rechnung vornehmen dürfen und nicht zum Zeitpunkt der Leistungserbringung, kann große Wettbewerbsnachteile für Handwerksunternehmen bedeuten.
Daher müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, die bisherige Regelung beizubehalten. Zumindest sollte die Neuregelung zu einem deutlich späteren Zeitpunkt in Kraft treten“, kritisierte der Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern Franz Xaver Peteranderl.
Was wird geändert?
Bisher ist ein Vorsteuerabzug grundsätzlich bereits zum Zeitpunkt der Leistungsausführung möglich, unabhängig davon, ob die Zahlung geleistet wurde oder nicht. Ab dem 01.01.2026 soll der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger aus Rechnungen von Unternehmen, die ihre Leistungen nach vereinnahmten Entgelten versteuern (Ist-Versteuerung nach § 20 UStG), an die Bezahlung der Rechnung geknüpft werden.
Es handelt sich dabei um die Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs. Beim Leistungsbezug von sollversteuernden Unternehmen verbleibt es beim Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt, wenn die Rechnung vorliegt und die Leistung erbracht wurde. Zusätzlich sind Ist-Versteuerer künftig verpflichtet, in ihren Ausgangsrechnungen auf die Ist-Versteuerung hinzuweisen. Denn nur so können Leistungsempfänger den richtigen Zeitpunkt für ihren Vorsteuerabzug bestimmen
Welche Folgen hat die Neuregelung?
Diese Änderung bewirkt bei den Leistungsempfängern, dass der Vorsteuerabzug erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden kann. Der vorfinanzierungfreundliche Vorsteuerabzug bei Leistungserbringung entfällt für Geschäftspartner von sog. Ist-Versteuerern. Es besteht daher die Gefahr, dass Geschäftsbeziehungen mit sog.
Ist-Versteuerern reduziert werden; Unternehmen könnten die Lieferantenauswahl zur Liquiditätsoptimierung gezielt auf sollversteuernde Unternehmen ausrichten. Ist-Versteuerer könnten dadurch gezwungen sein, zur Soll-Versteuerung zu wechseln.
Was bedeutet das für betroffene Handwerksbetriebe?
Die Ist-Versteuerung ist für viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe von grundlegender Bedeutung, um ihre Liquidität zu erhalten. Ein erzwungener Wechsel zur Soll-Versteuerung und die Vorfinanzierung der Umsatzsteuer stellt eine zusätzliche Belastung der Betriebe in der aktuellen Krisensituation dar. Etwa 75 Prozent aller Handwerksbetriebe in Deutschland nutzen derzeit die Ist-Versteuerung.
Auch die Umstellung der IT-gestützten Abrechnungssysteme in den Betrieben wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Da eine seit Jahrzehnten etablierte Praxis verändert wird, sind zudem umfangreiche Schulungen der Mitarbeiter in den Steuerkanzleien und Betrieben erforderlich.
Was fordert das Handwerk?
Das Handwerk fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die bisherige deutsche Regelung beibehalten werden kann. Zumindest sollte die Neuregelung zu einem deutlich späteren Zeitpunkt in Kraft treten.