Handwerkstrends 2023: Der Pessimismus steigtPeteranderl: "Unternehmen müssen von zusätzlichen Belastungen verschont bleiben"
22. Dezember 2022
Die oberbayerischen Handwerksbetriebe blicken deutlich pessimistischer in die Zukunft. Der Anteil der Unternehmen, die in 2023 höhere Umsätze erwarten, hat sich verglichen mit dem Vorjahreswert mehr als halbiert. Knapp die Hälfte erwarten stagnierende Geschäfte und mehr als ein Drittel sogar Umsatzeinbußen. Das zeigen die „Handwerkstrends 2023“, eine Umfrage der Handwerkskammer unter ihren Mitgliedsbetrieben. So schwächelt u.a. der Baubereich, der die Handwerkskonjunktur jahrelang angetrieben hat. Die Gründe dafür liegen maßgeblich in der geringeren Nachfrage nach Bauleistungen, die wiederum eine Folge der steigenden Zinsen, der hohen Inflation und auslaufender Förderprogramme ist.
„Der Rückgang der Erwerbstätigkeit im Handwerk, der in der Corona-Pandemie begann, wird sich auch im kommenden Jahr nicht grundlegend ändern“, erwartet Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl. Laut der Umfrage geht nämlich fast jeder vierte Handwerksunternehmer von einem Rückgang der Beschäftigung in seinem Betrieb aus. Nur 14 Prozent erwarten das Gegenteil. Der tendenziell pessimistische Grundton schlägt sich auch in der Investitionsbereitschaft der Unternehmen nieder: Nur knapp jeder fünfte Betrieb will mehr Geld investieren als im Vorjahr, während fast jeder zweite Befragte die Investitionen zurückschraubt. Peteranderl sieht ein Dilemma: „Ich verstehe, dass unsere Unternehmer alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Allerdings ist es jetzt besonders wichtig, beispielsweise in die Energieeffizienz der Unternehmen zu investieren“, sagt der Kammerpräsident und fordert: „Damit notwendige Investitionen nicht verschoben werden, müssen unsere Unternehmen von zusätzlichen Belastungen verschont bleiben.“
Neben den steigenden Kosten hemmt auch der Fachkräftemangel die Wertschöpfung im oberbayerischen Handwerk. Nur jeder dritte Betrieb konnte in den letzten Monaten alle offenen Stellen besetzen. Gleichzeitig sieht fast die Hälfte der Handwerksunternehmer die Ausbildung junger Menschen im eigenen Betrieb als Königsweg, den Fachkräftebedarf in Zukunft zu decken. Der Wettbewerb um die Schulabgänger innerhalb der Wirtschaft und der nach wie vor starke Trend zum Hochschulstudium sind enorme Herausforderungen für das Handwerk.
Die Umfrage der Handwerkskammer listet auch auf, welche Möglichkeiten die befragten Betriebe nutzen wollen, um Fachkräfte zu gewinnen bzw. zu binden. Neben einer verstärkten Berufsausbildung zählen dazu auch finanzielle Aspekte, etwa die übertarifliche Bezahlung sowie die stetige Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein ebenso wichtiger Aspekt wie die Fachkräfteakquise im Ausland. Peteranderl: „Berufsnachwuchs zu gewinnen und Fachkräfte in den Unternehmen zu halten, bleibt unsere wichtigste Aufgabe, auch mit Blick auf die demografische Entwicklung der Gesellschaft. Mit der Generation der Babyboomer gehen auch viele Meister und Gesellen in den wohlverdienten Ruhestand. Wir müssen daher noch kräftiger die Werbetrommel für eine Ausbildung in unserem Wirtschaftsbereich rühren. Deutschland braucht das Handwerk mehr denn je, wenn wir die Klima- und Verkehrswende erfolgreich gestalten wollen.“