Schwache Handwerkskonjunktur setzt sich fortPeteranderl: "Die Krise im Wohnungsbau schlägt auf immer mehr Gewerke durch"
30. Januar 2025
Die schwache konjunkturelle Entwicklung im bayerischen Handwerk hat sich im 4. Quartal 2024 fortgesetzt: „Die Krise im Wohnungsbau schlägt auf immer mehr Gewerke durch. Jede Wohnung, die nicht gebaut wird, macht sich mittlerweile auch bei den Ausbaugewerken bemerkbar, die in den letzten Jahren als Lokomotive für die Handwerkskonjunktur fungierten“, betont Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT). Betriebe, die als Zulieferer für die Industrie arbeiten, leiden unter der Schwäche der Großunternehmen. Im Kfz-Handwerk machen sich die stark rückläufigen Verkaufszahlen bei den E-Fahrzeugen negativ bemerkbar.
Trotzdem meldeten 80 Prozent der befragten Betriebe in der Konjunkturumfrage der bayerischen Handwerkskammern eine gute oder befriedigende Geschäftslage. Damit verharrte der Indikator auf Vorjahresniveau. Während sich die Stimmung im Lebensmittelhandwerk und den Handwerken für den privaten Bedarf verbesserte, war sie bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf, dem Kfz-Handwerk und im Gesundheitshandwerk schlechter als vor Jahresfrist. Der Anteil der Betriebe mit negativer Beurteilung der Geschäftslage betrug im Jahresdurchschnitt gewerkübergreifend 20 Prozent. Das waren 3 Punkte mehr als 2023.
Die Nachfrage nach handwerklichen Produkten und Dienstleistungen blieb im 4. Quartal 2024 verhalten. Lediglich 14 Prozent der bayerischen Betriebe berichteten von gestiegenen Auftragseingängen. Das sind genauso viele wie vor Jahresfrist. Bei 37 Prozent war das Neugeschäft rückläufig (minus 5 Punkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Die durchschnittliche Auslastung der Handwerksbetriebe in Bayern ging um 1 Punkt auf 77 Prozent zurück. Nur das Lebensmittelhandwerk konnte seine Auslastung steigern. Gleichzeitig schmelzen die Auftragspolster im bayerischen Handwerk weiter: Ende 2024 hatten die Betriebe durchschnittlich Arbeit für 8 Wochen in ihren Büchern. Das sind 0,6 Wochen weniger als zum Jahresende 2023. Von dem Minus sind ausnahmslos alle Branchengruppen betroffen: Am stärksten fällt es bei den Industriezulieferern und im Baubereich aus.
Umsätze im vierten Jahr in Folge rückläufig
Dass die Preise im Jahresverlauf weiter zugelegt haben, ist vor allem auf das starke Plus bei Löhnen und Gehältern zurückzuführen. Für das Handwerk kommt erschwerend hinzu, dass die Erzeugerpreise für klassische Vorprodukte und Rohstoffe wie Stein, Holz, Metallarten aber auch Fleisch- und Backwaren um 30 bis 40 Prozent höher liegen als vor der Corona-Krise. Die Preissteigerungen konnten 21 Prozent der befragten bayerischen Handwerksbetriebe im Berichtszeitraum an ihre Kunden weitergeben. Im Vergleich zum Vorjahr sank dieser Wert um 1 Punkt.
Die Umsätze entwickeln sich weiterhin unbefriedigend. „Nach unseren Schätzungen hat das bayerische Handwerk 2024 insgesamt rund 148,5 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist ein nominaler Rückgang von 2,2 Prozent. Nach Abzug der Preissteigerung steht ein reales Minus von bis zu 5 Prozent. Damit müssen unsere Betriebe nunmehr im vierten Jahr in Folge reale Umsatzrückgänge hinnehmen“, berichtet Peteranderl.
Erfreulich stabil zeigt sich dagegen der Anteil investierender Handwerksbetriebe in Bayern: 43 Prozent gaben im 4. Quartal 2024 Geld für Neuanschaffungen aus. Das sind 5 Punkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Beschäftigung im bayerischen Handwerk bleibt wegen der angespannten Wirtschaftslage weiter unter Druck. Der BHT-Präsident: „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der tätigen Personen in unseren Betrieben im Jahresdurchschnitt 2024 um 1 Prozent auf 956.000 gesunken ist.“ Im Berichtszeitraum meldeten nur 11 Prozent eine gestiegene Beschäftigung (plus 1 Punkt im Vorjahresvergleich).
Bayerisches Handwerk verzeichnet mehr Ausbildungsverträge
Bis zum Jahresende 2024 wurden im bayerischen Handwerk 28.650 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Das sind 3,5 Prozent mehr als vor Jahresfrist. „Die Zahlen belegen eindrucksvoll, dass unsere Betriebe auch in der Krise die Ausbildungsintensität hochhalten. Es ist überaus wichtig, sich frühzeitig um die Fach- und Führungskräfte von morgen zu kümmern und diese am besten selbst auszubilden. Schließlich macht sich der Renteneintritt der Babyboomer-Generation im Handwerk etwas früher bemerkbar als in anderen Wirtschaftsbereichen: Das liegt auch daran, dass die Babyboomer jünger in die Berufstätigkeit gestartet sind, als es z.B. heute im Handwerk der Fall ist“, sagt BHT-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers. Die Zahl der Handwerksbetriebe im Freistaat stieg im vergangenen Jahr um 0,9 Prozent auf rund 213.600.
Die fehlenden Wachstumsimpulse für die Wirtschaft sind der Hauptgrund dafür, dass das bayerische Handwerk äußerst verhalten auf die kommenden Monate blickt. „Stabilisierende Maßnahmen der neuen Bundesregierung sind frühestens zur Jahresmitte zu erwarten – wenn die Koalitionsverhandlungen rasch zu einer Einigung führen. Nachhaltig greifen dürften die erhofften Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft aber erst ab dem kommenden Jahr“, vermutet Peteranderl. Die bayerischen Handwerksbetriebe schätzen das ähnlich ein: Nur 7 Prozent erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage im 1. Quartal (plus 1 Punkt gegenüber dem Vorjahreszeitraum), während 31 Prozent mit einer weiteren Verschlechterung rechnen (minus 2 Punkte). Mit Blick auf das Gesamtjahr hofft der BHT auf eine Stabilisierung bei Umsatz und Beschäftigung im bayerischen Handwerk.
Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur: