Meister der Moderne 2010
Internationale Handwerksmesse 3. bis 9. März 2010
Sonderschau
Meister der Moderne
Die hochkarätige Sonderschau "Meister der Moderne" auf der Internationalen Handwerksmesse 2010 zeigt auch in diesem Jahr wieder eine Auswahl der besten Arbeiten international renommierter zeitgenössischer Kunsthandwerker. Die "Meister der Moderne" sind handwerkliche Gestalter, die nach einer fundierten Ausbildung unbeirrt ihren Weg gegangen sind, nach ihrer eigenen Formensprache suchten und ihren Stil gefunden haben.
Die benachbarte Sonderschau "Exempla" widmet sich dieses Jahr dem Thema "Keramik" und auch bei den "Meistern der Moderne" wird ein Schwerpunkt auf diesem Werkbereich liegen.
Besonders hervorzuheben sind die Teeschalen fünf koreanischer Keramiker, die in Korrespondenz zu den Schalen von Steve Harrison aus Australien stehen. Aber auch Figuratives von Michael Flynn und skulpturale Werke von Meredith Knapp Brickell oder Ann van Hoey sind wichtige Beiträge zeitgenössischer keramischer Arbeiten von internationalem Rang.
Die Beiträge aus dem Werbereich Glas sind nicht weniger spannend: Glasbilder in Pâte de Verre - Technik von Sylvie Vandenhoucke oder bewegliche Zylinder und Farb-Licht-Installationen von Heike Brachlow, kompakte farbige Skulpturen von Durk Valkema und Vincent van Ginneke sowie fragile Objekte von Michèle Perozeni beschreiben die Vielseitigkeit und große Bandbreite des Materials, das die Aussteller technisch und künstlerisch perfekt meistern.
Insgesamt sind 35 Künstler aus 12 Ländern eingeladen, ihre formvollendeten Arbeiten aus den Bereichen Glas, Keramik, Metall, Schmuck, Textil, Holz und Flechten vorzustellen.
Leitung: Wolfgang Lösche
Organisation: Elke-Helene Hügel
Werkbereich Glas
Silvie Vandenhoucke
Sylvie Vandenhoucke, geboren 1969 in Belgien, studierte an der Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen und am Royal College of Art in London. Sie unterrichtet seit 2005 an der University of Sunderland in Großbritannien.
Sylvie Vandenhoucke betrachtet in ihren Arbeiten den Raum zwischen Himmel und Erde. Sie möchte das Unsichtbare sichtbar machen, sie deckt einen Zwischenraum auf, den sie durch Schichten einer Miniatur-Landschaft beschreibt. Die fragilen Pâte de Verre-Schichten ordnet sie wie Schindeln in einem quadratischen Holzrahmen bildartig übereinander. Das Material Glas eröffnet ihr durch die technische Meisterschaft Möglichkeiten, die den Betrachter faszinieren. Von allen Seiten wirkt die Fläche, die sich nach vorne öffnet, wie Eis, gleichzeig sind ihr auch textile oder auch zeichnerische Qualitäten eigen.
Sylvie Vandenhoucke, Isle, Glas, Pâte de verre, ca. 92,7 x 92,7 |
Vincent van Ginneke
Die Glasarbeiten Vincent van Ginnekes, 1956 geboren in Rotterdam, sind massiv, kompakt und erinnern an Körperformen oder -fragmente. Durch ihre sanft polierte Oberfläche wirken sie schwebend, als Betrachter möchte man die Skulpturen anfassen und fühlen. Die Arbeiten van Ginnekes sind aus transparent-milchigem Glas gegossen und poliert. Die weichen Übergänge und Kurven lassen die Objekte lebendig erscheinen, als ob sich die Form im nächsten Augenblick ändern könnte.
Vincent van Ginneke, Body shaped sculpture, Glas, gegossen, poliert, 18 x 42 cm |
Heike Brachlow
Heike Brachlow, in Deutschland geboren und aufgewachsen, entdeckte Glas für sich während ihres Aufenthaltes in Neuseeland, während sie als Glasbläserin in einem kleinen Studio in Rotorua arbeitete. Sie studierte in Wolverhampton und am Royal College of Art in London.
Die beweglichen Zylinderformen oder aufgereihten Würfelformationen ihrer aktuellen Glasarbeiten lassen an Einflüsse aus Architektur und Geometrie denken. Die massiven opaken Zylinder müssen nur leicht berührt werden und drehen sich; die Würfel sind so aufeinander gestellt, dass man das Gefühl hat, sie könnten im nächsten Moment ineinander stürzen. Heike Brachlow schafft durch ihre feinen subtilen Farbabstufungen und die Kombination in ihren Arbeiten ein sinnliches Empfinden. Sie färbt das Glas selbst, um die gewünschten Schattierungen und Nuancen zu erhalten.
Heike Brachlow, Theme and Variations I., gegossenes Glas, 80 x 17 x 10 cm
Koichiro Yamamoto
Koichiro Yamamoto, 1969 geboren in Nogoya, Japan, studierte an der Tsukuba Universität und am Royal College of Art, London.
Die Arbeiten Koichiro Yamamotos beruhen auf der Idee, dass in Museen ausgestellte Gefäße ihrer Funktion, des Aufnehmens und Bewahrens von Flüssigkeit oder Nahrung, beraubt wurden. Seine Arbeiten, Flaschen oder Geschenke, sind ein reines Kunstprodukt, das die Funktion verweigert. So reflektieren seine Arbeiten auch Ironie gegenüber einer Gesellschaft, die Funktion und Effizienz als wichtig erachtet.
Koichiro Yamamoto, A bottle and two glasses, Glas, gegossen, poliert, 260 x 150 x 285 mm |
Werkbereich Keramik
Meredith Knapp Brickell
Meredith Knapp Brickell ist Assistenz-Professorin am Department of Art an der DePauw University in Greecastle, Indiana.
"Ich habe mich dahinein verliebt, Formen zu "zeichnen". Als ich damit anfing, Formen aufzubauen, war das für mich wie Zeichnen im Raum." Meredith Knapp Brickell absolvierte zuerst eine Ausbildung als Grafikerin, bevor sie den Master of Fine Arts in Keramik an der Universität von Nebraska-Lincoln machte. Ihre Arbeiten erinnern an Boote oder nehmen Bezug auf Architektur, es sind schlichte, lange Formen, innen und außen ist durch matte Farbflächen gegliedert. Ihre "Double Series", Doppelgefäße sind aus zwei gleichförmigen, aber keinesfalls identischen Formen zusammengefügt. Farblich und formal achtet sie auf das Gleichgewicht der Gefäße.
Die Arbeiten Knapp Brickells sind mehrmals gebrannt, weil die unterschiedlichen Glasuren auch unterschiedliche Schmelzpunkte haben. Die Keramikerin arbeitet seit 2002 fast ausschließlich mit roter Irdenware.
Meredith Knapp-Brickell, Blue Draw, 2007, rote Irdenware, Pigmente, photo: Lynn Ruck |
Ann van Hoey
Die Belgierin Ann van Hoey, 1956 geboren in Mechelen, studierte an der University of Antwerp und am Institute for Arts and Craft in Mechelen Keramik.
Die neuen Arbeiten der Keramikerin "Etude Géométrique" sind eine Serie von Variationen geometrischer Formen, die sie durch einen einfachen Arbeitsprozess kreiert. Ann van Hoey nutzt die dritte Dimension, um die Grenzen der Kombinationsmöglichkeit des Kreises mit anderen flachen geometrischen Figuren wie Quadrat, Dreieck, Gerade und Punkt zu erforschen.
Während eines Aufenthalts in Japan inspirierte sie die Origami-Kunst, diese Technik auf extrem dünne Tonplatten anzuwenden. Dabei bewegt sie sich am Rande des Machbaren. Das trägt zur Reinheit der Form bei und sorgt außerdem dafür, dass die flache Wahrnehmung des Kreises, der am Anfang steht, nicht verloren geht. Letzteres ist sicher auch der bewusst minimalistischen Endbearbeitung ohne Glasur und ohne Engobe sowie der Eleganz des Randes zu verdanken.
Ausgangspunkt der fünfteiligen Installation ist der Kreis, der zur Halbkugel führt.
Durch Schneiden und Falten der Halbkugel, wie beim Origami, erhält der Kreis zuerst einmal vier Ecken und es entsteht eine Kombination aus Halbkugel und Kubus.
Die nächste Bearbeitung schafft eine Verbindung aus Kreis und Dreieck, die vierte eine Verbindung von zwei Punkten in einer Gerade und die fünfte Position ist die Kombination von Kreis und Punkt, wodurch eine Tropfenform entsteht.
Ann van Hoey, Etude Géométrique, Gruppe von 5 Schalen, dunkle Irdenware |
Michael Flynn
Michael Flynn, geboren 1947 in Wuppertal, studierte von 1963 – 65 am Birmingham College of Arts Malerei, bevor er sich von 1975 – 78 der Keramik am College of Arts in Cardiff und 1985 – 86 dem Studium der freien Kunst widmete.
Michael Flynn zeigt bei "Meister der Moderne" vier figürliche Arbeiten aus den letzten Jahren, die seinen Stil besonders gut zum Ausdruck bringen. Es sind ausdrucksstarke Gruppen, direkt miteinander in Kontakt stehend, expressiv in Haltung und Malerei. Durch kräftige Farbflecken akzentuiert Flynn seine Figuren, betont Kopf und ihm wichtig erscheinende Körperpartien. Flynn ist einer der wichtigsten Vertreter figurativer, narrativer Keramik.
Michael Flynn, Invented Truths, Keramikskulptur, glasiert, bemalt |
Werkbereich Schmuck
Graziano Visintin
Graziano Visintin, geboren 1954 in Pernumia, hat seine Ausbildung als Goldschmied am Istituto Statale d’Arte Piero Selvatico in Padua absolviert und unterrichtet dort seit 1976 als Dozent Gold-schmiede.
Graziano Visintin hat u.a. 1988 den Herbert-Hofmann-Preis, 1990 den Bayerischen Staatspreis gewonnen.
Seine Ketten aus Weißgold und Niello sind von zeitloser Eleganz, die flachen langen Elemente des Halsschmuckes fallen asymmetrisch. Zusammen mit der unruhig strukturierten Oberfläche bilden sie einen schönen Kontrast zur architektonischen Strenge.
Graziano Visintin, Halsschmuck, Weißgold 18 ct., Niello |
Werkbereich Metall
Jan Wege
Jan Wege, Jahrgang 1964, ist der Justus-Brinkmann-Preisträger von 2009. Der Silberschmied studierte nach seinen Ausbildungen zum Zahntechniker und zum Goldschmied bei Thomas Schleede in Hamburg, an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste Schmuck und Gerät bei Prof. Erhard Hößle und Prof. Ulla Mayer.
Er ist einer der bedeutendsten deutschen Silberschmiede der Gegenwart. Neben Silber, Kupfer, Edel-stahl und Eisen arbeitet er seit etwa zehn Jahren verstärkt mit Tombak, einer Kupfer-Zink-Legierung.
Jan Wege baut nur auf den ersten Blick blockhaft scheinende Gefäße mit klaren Formen, die Applikationen sind hohlmontiert. Seitlich stehen bei den zylindrischen Vasen eckige Elemente ab, als Griffe, wie Auswüchse. Zusammen mit der lebendigen Oberfläche ergeben sie eine klare, für Wege charakteristische Arbeit.
Jan Wege, Gefäße aus Tombak, montiert mit Applikationen |
Werkbereich Textil
Dörte Behn
Dörte Behn zeigt bei "Meister der Moderne" eine Serie ihrer aktuellen Trompetenschals aus Wolle und Leinen. Das Besondere und Neue an dieser Schalserie ist die Kombination von einem einfachen Leinengarn mit einem hochgedrehten Wollgarn aus Japan innerhalb eines 2-lagigen Gewebes. Die Spannung des hochgedrehten Garns wird genutzt, um das Doppelgewebe (Schlauchgewebe) dazu zu bringen, sich in bestimmten Arealen zusammenzuziehen. Dauerhaft und elastisch! So erhalten eigentlich rechtwinklige Gewebestrukturen organische Erscheinungsformen.
Dörte Behn, 1952 in Hamburg geboren, studierte zunächst Medizin, Philosophie und Sinologie, bevor sie als Künstlerin und Designerin textiler Produkte arbeitete. Zahlreiche Preise, wie beispielsweise 1993 Hessischer Staatspreis, 1998 European Prize for Applied Arts, World Crafts Council Europe, 2003 und 2009 Landespreis Berlin) und Ausstellungen im In- und Ausland. Ankäufe durch das Victoria and Albert Museum, London, das Museum für Angewandte Kunst, Wien oder Museum für Angwandte Kunst, Frankfurt.
Dörte Behn, Serie Trompetenschals, Leinen, Wolle, 2009 |
Werkbereich Holz
Hans-Henning Pedersen
Der 1950 geborene Hans-Henning Pedersen ist ein Meister im Drechseln von Holzgefäßen. Seine dünnwandigen Gefäße sind in ihrer Formensprache schlicht, zugleich edel und zurückhaltend. Die Schalen und Zylinder stellt er aus mehr oder weniger frisch geschlagenem Holz her. Durch das Trocknen verzieht sich das Gefäß, Hans-Henning Pedersen nutzt diese natürliche Veränderung für die großen Arbeiten, die auch reißen und sich öffnen.
Ahorn, Buche, Esche, Kirsche und Birke sind die bevorzugten Hölzer, weil diese auch in größeren Blöcken zur Verfügung stehen. Die großen Gefäße faszinieren ihn besonders, nicht zuletzt, weil hierbei die Maserung, Verfärbungen oder auch Fäulnis, die das Holz aufweist, als Gestaltungsmittel einbezogen werden.
Die fertigen Schalen müssen, je nach Jahreszeit, einige Monate trocknen. Wenn das Holz trocken ist, wird es geschliffen, zuletzt wird es geölt, was die Maserung hervorhebt.
Werkbereich Flechten
Shouchiku Tanabe
Shouchiku Tanabe, 1973 in Osaka, Japan, geboren, gehört einer der berühmtesten Bambusflechter-Familien an. Wie sein Vater, Tanabe Chikuunsai III., besuchte die Kunsthochschule. Er führt die Familientradition der Bambusflechter in vierter Generation fort.
Shouchiku Tanabe hat sich auf zwei Arten im Flechten spezialisiert. Die erste umfasst traditionelle Körbe, eine Technik, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Er ist davon überzeugt, dass das traditionelle japanische Handwerk des Bambusflechtens den nächsten Generationen weitergegeben werden muss.
Der andere Bereich seiner Arbeit ist künstlerisch-skulptural. Als zeitgenössischer Künstler arbeitet er gerne mit organischen Materialien, wie Tiger-Bambus und anderen Bambus-Arten.
Zahlreiche Ausstellungen auch außerhalb Japans, in den USA, Großbritannien, Neuseeland, der Schweiz und Korea. Seine Arbeiten sind u.a. ausgestellt im Seattle Art Museum, Museum Fine Art of Boston, Philadelphia Museum of Art an the British Museum.
Shouchiku Tanabe, Connection Bond, Bambus |
Teilnehmerliste
Meister der Moderne 2010
Glas
Heike Brachlow, Großbritannien • Vincent van Ginneke, Niederlande • Frank Meurer, Deutschland • Michèle Perozeni, Frankreich • Durk Valkema, Niederlande • Sylvie Vandenhoucke, Belgien • Koichiro Yamamoto, Japan
Keramik
Michael Flynn, Australien • Ann Van Hoey, Belgien • Bronwyn Kemp, Australien • Vincent Kempenaers, Belgien • Meredith Knapp Brickell, USA • Fritz Rossmann, Deutschland • Ursula und Karl Scheid, Deutschland • Yeung Yuk-Kann, Niederlande
Teeschalen aus Korea: Chang-Keun Cho • Jea-Hyeo Jeong • Ik-Young Kim • Kang-Hyo Lee • Ki-Zo Lee • Yeong-Ki Min • Soo-Jong Lee
Holz
Adam Löffler, Deutschland • Hans-Henning Pedersen, Dänemark
Metall
Herbert Stern, Deutschland • Jan Wege, Deutschland
Textil
Monika Auch, Niederlande • Dörte Behn, Deutschland • Beate von Harten, Österreich
Flechten
Shouchiku Tanabe, Japan
Schmuck
Graziano Visintin, Italien • Aud Charlotte Ho Sook Sinding, Schweden