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Kalkulation und Controlling

Mehr Sicherheit, weniger Vermutungen: Reform der Insolvenzanfechtung

Am 16. Februar 2017 hat der Bundestag die Reform der Insolvenzanfechtung verabschiedet. Nach bisheriger Rechtslage konnten Insolvenzverwalter bis zu zehn Jahre zurückliegende Vereinbarungen von insolventen Unternehmen, die zu einer Minderung der Insolvenzmasse führten, anfechten. 

Aufgrund der Rechtsprechung zur sogenannten Vorsatzanfechtung hatte ein Auftragnehmer gegebenenfalls die vom insolventen Auftraggeber erhaltene Vergütung zurückzuzahlen, obwohl er die drohende Zahlungsunfähigkeit seines Auftraggebers bei Vertragsschluss nicht gekannt und seine Leistung ordnungsgemäß erbracht hatte.

Die Rechtsprechung argumentierte, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers dem Auftraggeber aufgrund der vereinbarten Zahlungserleichterungen hätte bekannt sein müssen. Sie verkannte dabei, dass großzügige Zahlungsvereinbarungen in der Praxis üblich sind und regelmäßig von Auftraggebern bei den Vertragsverhandlungen erwartet werden.

Nur in den seltensten Fällen traf ein Auftragnehmer eine entsprechende Absprache in dem Wissen um eine drohende Insolvenz und mit dem von der Rechtsprechung regelmäßig unterstellten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung.

 

Vorsatzanfechtung wird eingeschränkt

Mit der Reform der Insolvenzanfechtung wird die Vorsatzanfechtung nun auf tatsächlich missbräuchliche Fälle beschränkt. Dazu wurde die Vermutungsregelung des § 133 InsO geändert. Es wird nun gesetzlich vermutet, dass Auftragnehmer, die ihren Auftraggebern Zahlungserleichterungen einräumen, die Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers nicht kennen.

Dadurch hat nun künftig der Insolvenzverwalter zu beweisen, dass der Auftragnehmer die Insolvenzreife zum Zeitpunkt der Vereinbarung über die Zahlungsbedingungen kannte. Positiv ist zudem, dass die Anfechtbarkeit nicht mehr an die Kenntnis des Auftragnehmers über eine lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit anknüpft, sondern an die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit.

Des Weiteren wird für sogenannte Bargeschäfte nach § 142 InsO, bei denen zwischen Leistung und Gegenleistung nur ein kurzer Zeitraum liegt,  klargestellt, dass eine Anfechtung von erhaltenen Zahlungen nur zulässig ist, wenn der Auftragnehmer erkannt hat, dass der Auftraggeber in unlauterer Weise handelte.

Schließlich wird die Rechtssicherheit für Betriebe zusätzlich dadurch gestärkt, dass der Anfechtungszeitraum von derzeit zehn auf künftig vier Jahre gekürzt wird.

 

Keine Ausnahmen für Leistungen in der Zwangsvollstreckung

Für die lange Verzögerung bei der Reform der Insolvenzanfechtung hatte die Diskussion über die Einführung von Privilegien für Fiskus und Sozialkassen gesorgt. Auf diese noch im Gesetzentwurf enthaltenen Privilegien hat der Gesetzgeber nun verzichtet.

Das Handwerk hatte darauf hingewiesen, dass eine Privilegierung nur dann sachgerecht ist, wenn private Gläubiger die Mühe und das Kostenrisiko eines gerichtlichen Verfahrens zum Erhalt eines Vollstreckungstitels auf sich nehmen, nicht jedoch bei Fiskus und Sozialkassen, die ihre Titel aufgrund ihrer Selbsttitulierungsbefugnis ohne gerichtliche Prüfung selbst erlassen.

Letztlich würden durch diese, mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung unvereinbare Privilegierungen der Insolvenzmasse wichtige Gelder entzogen, die zumindest zur teilweisen Befriedigung der Gläubiger wichtig sind.

Das Gesetz hat den Bundesrat bereits passiert. Da dieser keinen Einspruch erhoben hat, wird das Gesetz nach Verkündung, d. h. voraussichtlich im Sommer dieses Jahres in Kraft treten.

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