Peteranderl: "Nachhaltige Erholung erst in der zweiten Jahreshälfte"Handwerkskonjunktur mit verhaltenem Auftakt in 2021
28. April 2021
Die Corona-Pandemie beeinflusst weiterhin den Konjunkturverlauf im Handwerk. „Es spricht einiges dafür, dass erst in der zweiten Jahreshälfte eine nachhaltige Erholung einsetzt“, betont Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl. Im 1. Quartal 2021 gab es bei den oberbayerischen Betrieben kaum eine Verbesserung der Einschätzung zur wirtschaftlichen Lage: 43 Prozent der Befragten bewerteten ihre aktuelle Lage als gut (+3 Punkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum), 29 Prozent als befriedigend (-5 Punkte). Wie nahezu alle Durchschnittwerte der Umfrage wurde auch die Lageeinschätzung durch die überaus positive Situation in den Bau- und Ausbauhandwerken nach oben gezogen. Ohne diese beiden Gruppen läge der Anteil der Betriebe mit schlechter Geschäftslage bei fast 50 Prozent. Die pessimistischste Einschätzung kam aus dem Kfz-Handwerk: Dort bewerteten nur 33 Prozent der Befragten ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend.
22 Prozent der befragten Betriebe berichteten, dass die Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen in den letzten drei Monaten gestiegen sei (+9 Punkte gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres). Bei 37 Prozent (-12 Punkte) blieb sie konstant. Besonders gravierend war der Rückgang im Kfz-Handwerk und bei den verbrauchernahen Dienstleistern: Dort meldeten 78 bzw. 68 Prozent eine abflauende Nachfrage. Die durchschnittliche Auslastung stagnierte im 1. Quartal bei 74 Prozent. Die Bauberufe erreichten 80 Prozent, während die Auslastung der Lebensmittelhandwerke gegenüber dem Vorjahresquartal um 8 Punkte zurückging. Ein Grund dürfte der Wegfall des Catering-Geschäfts und der Belieferungen von Restaurants und Hotels gewesen sein. Im Berichtszeitraum hatten Oberbayerns Handwerkerinnen und Handwerker noch Aufträge für die nächsten 8,5 Wochen in ihren Büchern stehen. Das ist ein leichter Rückgang von 0,3 Wochen. Auch hierbei handelt es sich um einen Durchschnittswert, der stark vom guten Baugeschäft (12,6 Wochen im Bau, 10,7 Wochen im Ausbau) geprägt wird.
Sondereffekte beinflussten die Umsatzentwicklung im 1. Quartal
Die Umsatzentwicklung im oberbayerischen Handwerk wurde im 1. Quartal von mehreren Sondereffekten beeinflusst: Zu Jahresbeginn 2020 gab es mindestens zwei Monate, die noch nicht von der Corona-Pandemie geprägt waren. Hinzu kam dieses Jahr ein schnee- und frostreicher Winter, der im Bau- und Ausbauhandwerk zu deutlich stärkeren Beeinträchtigungen auf den Baustellen geführt hat, als im Vorjahr. Ein weiterer Sondereffekt ist das Auslaufen der temporären Mehrwertsteuersenkung zum Jahresende 2020. Dadurch kam es im Baugewerbe und im Kfz-Handwerk zu starken Vorzieheffekten von Lieferungen und Leistungen, die sonst im 1. Quartal 2021 abgewickelt worden wären. Nur 12 Prozent der Befragten verzeichneten im Berichtszeitraum einen Umsatzanstieg (+1 Punkt gegenüber dem Vorjahr), während 48 Prozent Umsatzeinbußen hinnehmen mussten (+5 Punkte). Besonders im Kfz-Handwerk und bei den verbrauchernahen Dienstleistern war die Lage kritisch, dort lag der Anteil gesunkener Umsätze bei 72 bzw. 76 Prozent.
Nach ersten Schätzungen wurde im oberbayerischen Handwerk zwischen Januar und März ein Umsatzvolumen von ca. 8,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das Vorjahresniveau wurde damit nominal um etwa 5 Prozent verfehlt. Inflationsbereinigt steht ein Minus von real 7,8 Prozent. Während die schwache Nachfrage und die schwierige Lage in der Pandemie den Betrieben schon seit längerer Zeit eher wenig Spielraum für Preisanpassungen lassen, sorgen hohe Hygieneauflagen und eine niedrigere Auslastung gleichzeitig für steigende Kosten. Insgesamt berichteten 60 Prozent der Befragten von gestiegenen Einkaufspreisen. In den Bau- und Ausbauhandwerken konnten 42 bzw. 35 Prozent ihre Verkaufspreise anheben, während es bei den verbrauchernahen Dienstleistern nur 13 Prozent waren. Insgesamt ist im 1. Quartal mit einer Preissteigerung im Handwerk von etwa 2,8 Prozent zu rechnen.
Mittlerweile macht sich die Corona-Pandemie auch bei den Beschäftigtenzahlen bemerkbar: Während es in den baunahen Gewerken in 2020 sogar noch einen leichten Beschäftigungsaufbau gab, mussten vor allem die Lebensmittelhandwerke und die verbrauchernahen Dienstleister zuletzt ihre Belegschaften verkleinern. Vorsichtig geschätzt waren Ende März rund 308.300 Menschen im oberbayerischen Handwerk tätig. Binnen Jahresfrist ist das ein Minus von 0,9 Prozent. Laut Umfrage ist auch für das 2. Quartal kein Jobaufbau im oberbayerischen Handwerk in Sicht.
Mehr Investitionen - aber weitere hohe Zuwächse nötig
„Dass das Handwerk aber trotz Krise nach vorne blickt, zeigt die Entwicklung der Investitionstätigkeit. Der Anteil investierender Betriebe stieg im Berichtszeitraum um 4 Punkte auf 34 Prozent an. Auch das Investitionsvolumen erholte sich nach dem starken Einbruch zu Beginn der Pandemie wieder: Nach unseren Schätzungen steckten die Betriebe im oberbayerischen Handwerk zwischen Januar und März etwa 265 Millionen Euro in neue Fahrzeuge, Maschinen und Gebäude. Gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres entspricht dies einem Plus von 6 Prozent“, berichtet Peteranderl. Weiterhin sind aber hohe Zuwächse nötig, um den schweren Investitionseinbruch aus 2020 wieder auszugleichen. Obwohl die 3. Infektionswelle eine Normalisierung des Alltags weiter verzögert, steigt im oberbayerischen Handwerk die Zuversicht: Immerhin 19 Prozent der Befragten erwarten, dass sich ihre Geschäftslage in den nächsten Monaten verbessert (+12 Punkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum), 64 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Geschäften (+18 Punkte). Hinzu kommt eine kleine „Gründungswelle“ zu Jahresbeginn: Ende März kratzte die Zahl der Mitgliedsbetriebe mit 79.934 an der 80.000er-Marke – ein Plus von 1,5 Prozent.
Wenn der Fortschritt bei den Impfungen anhält und ab der zweiten Jahreshälfte breitgefächerte Lockerungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben möglich werden, ist für das Gesamtjahr 2021 ein Umsatzwachstum von nominal 1,5 Prozent im oberbayerischen Handwerk möglich. Die Zahl der Beschäftigten dürfte in etwa gleichbleiben, das Investitionsvolumen um gut 9 Prozent steigen.
Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur:
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