
Europäische Handwerkskonferenz 2025
Europäische Handwerkskonferenz in München 2025Ein Herz für das Handwerk in Europa
Nach dem Motto „gemeinsam sind wir stärker“ hat am 12. März 2025 in München im Rahmen der Zukunft Handwerk und der 75. Internationalen Handwerksmesse die Europäische Handwerkskonferenz stattgefunden.
Das Treffen brachte Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik und den europäischen Handwerksorganisationen aus Frankreich, Italien, Dänemark, Polen, Griechenland, Österreich, Luxemburg und Deutschland sowie mit Unterstützung von SMEunited und dem Enterprise Europe Network zusammen.
Lösungen für die Mehrheit, nicht die Minderheit
99% aller Unternehmen in der EU sind sogenannte KMU, kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden. Regularien auf EU-Ebene sind aber meist auf das 1% der restlichen Unternehmen zugeschnitten. Paradoxerweise müssen dann für die Mehrheit Ausnahmeregelungen auf EU- oder nationalstaatlicher Ebene getroffen, wie zum Beispiel bei der Verpackungsverordnung.
Beratung der Außenwirtschaft als erste Anlaufstelle
Die Außenwirtschaftsberatung der Handwerkskammer und das Enterprise Europe Network sind in solchen Fällen erste Anlaufstellen, die kleinen und mittleren Unternehmen praxisnahe Beratung bieten. Durch ihre Nähe zu den Handwerksunternehmen erhalten sie unmittelbares Feedback darüber, wo es in der Praxis hakt.
Diese Erkenntnisse werden gezielt an zentrale Entscheidungsträger wie den Bayerischen Handwerkstag (BHT), das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sowie an europäische Netzwerke wie SME United weitergegeben.
Die Konferenz hatte daher auch die drei am häufigsten als Probleme erkannten Hauptbereiche zum Thema: Fachkräftesicherung, Wettbewerbsfähigkeit sowie Nachhaltigkeit mit Schwerpunkt Energie.
Kernthemen Fachkräftesicherung, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit
Fachkräftesicherung: Angesichts des akuten Fachkräftemangels, der etwa 60% der kleinen und mittleren Unternehmen in Europa betrifft, forderten die Verbände eine Stärkung der dualen Ausbildung und eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung handwerklicher Berufe.
Wettbewerbsfähigkeit: Die Handwerksverbände betonten die Notwendigkeit, bürokratische Hürden abzubauen und verständlichere Gesetze zu schaffen. Sie forderten eine Reduzierung der bürokratischen Berichtspflichten um ein Drittel. Die Forderung ist aber nicht nur an Brüssel adressiert, sondern auch an die Nationalstaaten, die oftmals europäisch einheitliche Regelungen auf nationaler Ebene unterschiedlich ausgestalten.
Nachhaltigkeit: Das Handwerk sieht sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, fordert aber realistische Vorgaben und gezielte Fördermaßnahmen für klimafreundliche Technologien.
Gemeinsame Erklärung
Die Europäische Handwerkskonferenz sendet ein starkes Signal an die Politik: Kleine und mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat Europas und brauchen bessere Rahmenbedingungen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Die europäischen Handwerksverbände verabschiedeten daher eine gemeinsame Erklärung, die eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung zugunsten von KMU fordert. Zentrale Punkte sind: Weniger Bürokratie und verständlichere Gesetze, verlässliche Rahmenbedingungen, Stärkung der dualen Ausbildung, Vereinfachung der Zuwanderungsregeln für Fachkräfte.
1. Fachkräfte sichern – Ausbildung stärken
- Mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung gegenüber der akademischen Ausbildung.
- Bessere Förderung der dualen Ausbildung und moderner Lernorte.
- Erleichterter Zugang für ausländische Fachkräfte, inklusive vereinfachter Anerkennung von Qualifikationen.
2. Bürokratie abbauen – Wettbewerbsfähigkeit steigern
- Schluss mit übermäßiger Regulierung: Weniger bürokratische Hürden für KMU.
- Einführung von verbindlichen Zielen zur Reduzierung der Verwaltungslasten um 35 %.
- Verbesserter Zugang zu EU-Finanzhilfen, speziell für kleine Betriebe.
- Mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Handwerksbetriebe an öffentlichen Aufträgen.
3. Nachhaltigkeit ermöglichen – aber praxisnah
- Klimaschutzziele ja – aber mit realistischen, umsetzbaren Vorgaben für KMU.
- Einfacherer Zugang zu Fördermitteln für klimafreundliche Maßnahmen.
- Unterstützung bei der Nutzung erneuerbarer Energien und nachhaltiger Rohstoffe.
- Weniger bürokratische Meldepflichten für Nachhaltigkeitsmaßnahmen.
4. EU-Politik mitgestalten – „Think Small First“
- KMU und Handwerksbetriebe müssen von Anfang an in die Gesetzgebung einbezogen werden.
- Praxisnahe Regeln statt realitätsferner Vorgaben aus Brüssel.
- Stärkere Berücksichtigung von Handwerksbetrieben in EU-Wirtschaftsprogrammen.
Unterzeichnet wurden die Schlusserklärung zu Münchener Konferenz von neun Branchenverbänden aus acht Ländern - nämlich von CMA France (Frankreich), CNA und Confartigianato Imprese (beide Italien), GSEVEE Hellenic Confederation of Professional Craftsmen and Merchants (Griechenland), Chambre des Métiers (Luxemburg), SMEdenmark (Dänemark), WKÖ Gewerbe und Handwerk (Österreich), ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks und ZRP Związek Rzemiosła Polskiego (Polen). Diese stehen in Summe für rund 5,5 Millionen Handwerksbetriebe. SMEunited ist die starke Stimme von rund 25,8 Millionen KMU aus 30 europäischen Ländern.
Hausaufgaben für die Politik
Die Ergebnisse der Konferenz sollen in zukünftige politische Strategien einfließen. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), betonte die Unverzichtbarkeit Europas für das Handwerk und forderte eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse kleiner und mittlerer Betriebe in der EU-Gesetzgebung. Die Europäische Handwerkskonferenz hat somit wichtige Weichen für die Zukunft des Handwerks in Europa gestellt und bietet Unternehmen eine klare Perspektive für kommende Herausforderungen und Chancen.