BHT in Brüssel
Traublinger: "80 Prozent der Gesetze kommen aus Brüssel"
26. Juni 2014
Einen Monat nach den Europawahlen haben sich Vertreter des Bayerischen Handwerkstages (BHT) in Brüssel mit neu- und wiedergewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus Bayern getroffen. Dabei informierten Präsident Heinrich Traublinger, MdL a. D., Vizepräsident Hans Stark, Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper und Geschäftsführer Dr. Frank Hüpers die Parlamentarier über Themen, die dem bayerischen Handwerk aktuell unter den Nägeln brennen.
"Mittlerweile werden etwa 80 Prozent der Gesetze, die das Handwerk betreffen, in Brüssel gemacht. Deshalb ist uns der Austausch mit den Parlamentariern sehr wichtig", betonte Traublinger. Beispielhaft nannte er den Berufszugang. "Die EU plant nicht die Abschaffung des Meistertitels", erklärte der BHT-Präsident, "aber den Meistervorbehalt, der in Deutschland zur Selbstständigmachung in 41 Handwerksberufen erforderlich ist, greift sie sehr wohl an. Dabei ist dieser die zentrale Säule der dualen Ausbildung im Handwerk." Traublinger rief die Abgeordneten dazu auf, das Handwerk im Kampf um den Meistervorbehalt zu unterstützen. Weiter standen Themen wie die Lebensmittelkontrollverordnung, bei der sich der BHT für eine Gebührenfreiheit bei unbeanstandeten Kontrollen sowie gegen eine jährliche Pflicht zur Veröffentlichung der Endergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen einsetzt und die Energiewende auf der Tagesordnung. Bei der Energieversorgung tritt das bayerische Handwerk dafür ein, die Kosten endlich gerecht zu verteilen und nicht nur einseitig Verbraucher und Mittelstand zu belasten.
Die EU-Parlamentarier zeigten sich aufgeschlossen für die Themen des Handwerks und sicherten vor allem zum Meistervorbehalt ihre Unterstützung zu. Markus Ferber (CSU), erklärte stellvertretend: "Ich finde es sehr gut, dass das Handwerk so frühzeitig das Gespräch mit uns sucht. Der Meistervorbehalt ist kein Diskriminierungstatbestand, sondern ein Qualitätsmerkmal." Barbara Lochbihler (Grüne) erwähnte, dass minderjährigen Flüchtlingen die Abschiebung aus Deutschland drohe, obwohl sie in Schule oder Ausbildung zu den Besten gehörten. Hauptgeschäftsführer Dr. Semper berichtete hierzu, dass die Handwerkskammer für München und Oberbayern die Einstellung eines Mitarbeiters plane, der sich um schulpflichtige Flüchtlinge kümmert: "Wir möchten diese jungen Leute für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen. Auch aufgrund ihrer Biografie sind sie hochmotiviert." Ulrike Müller (FW) bezeichnete Handwerksbetriebe als "Stütze und Rückgrat unserer Gesellschaft." Weiter wies sie auf die wichtige Rolle der mitarbeitenden Frauen in den Handwerksunternehmen hin. Albert Deß (CSU) nannte die drohende Gebührenpflicht im Rahmen der Lebensmittelkontrollverordnung einen "absoluten Irrsinn." Er forderte weiter, am dualen Ausbildungssystem unbedingt festzuhalten. Prof. Dr. Klaus Buchner (ÖDP) verwies darauf, dass es bei den Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen EU und USA auch um die Interessen von kleinen und mittleren Betrieben gehe. BHT-Präsident Traublinger sagte dazu, dass die Berufszugangsregelungen der Handwerksordnung indirekt über die Vereinbarungen zum Investitionsschutz angegriffen werden könnten. Außerdem nahmen noch Ismail Ertug (SPD) und Dr. Angelika Niebler (CSU) an dem Treffen teil.
Zum Abschluss des Aufenthalts trafen die BHT-Vertreter noch mit Bayerns Staatsministerin für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen, Dr. Beate Merk, zusammen. Dort wurden ebenfalls für das Handwerk wichtige Themen, wie etwa die Senkung der Abgaben auf den Energieverbrauch, erörtert.