Arbeitsrechtliche Fragen zum Weihnachtsgeld
Die nachfolgende Übersicht beantwortet wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Gewährung eines Weihnachtsgeldes (Weihnachtsgratifikation oder Ähnliches). Mit diesen grundsätzlichen Hinweisen können nicht alle in der Praxis vorkommenden Einzelfälle abgedeckt werden. Soweit Sie Fragen haben, stehen Ihnen die Ansprechpartner der Handwerkskammer gerne zur Verfügung.
Gesetz gibt keinen Rechtsanspruch
Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber nicht, ein Weihnachtsgeld (Weihnachtsgratifikation) oder eine Jahressondervergütung zu zahlen. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf eine solche Zahlung können jedoch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen mit einem Betriebsrat oder Arbeitsverträge sein. Ein Anspruch kann auch aufgrund einer "betrieblichen Übung" bestehen. Zu beachten ist insbesondere die differenzierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Rechtsanspruch aufgrund Tarif- oder Arbeitsvertrag
Tarifverträge finden auf das einzelne Arbeitsverhältnis Anwendung, wenn Tarifgebundenheit aufgrund beiderseitiger Organisation besteht (Arbeitgeber ist Mitglied im tarifabschließenden Arbeitgeberverband oder selbst Partei des Tarifvertrages, Arbeitnehmer gehört gleichzeitig der tarifabschließenden Gewerkschaft an) oder der betreffende Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist oder die Anwendbarkeit des Tarifvertrages im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.
Gilt danach für das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag, so ist dort üblicherweise geregelt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe ein Anspruch auf eine Sonderzahlung besteht, ob Arbeitnehmer, die an einem bestimmten Stichtag im gekündigten Arbeitsverhältnis stehen vom Anspruch ausgeschlossen sind, ob eine Kürzung für Fehlzeiten und Ähnliches möglich ist usw..
Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung"
Unter einer "betrieblichen Übung" ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung auf Dauer eingeräumt werden. Zahlt der Arbeitgeber in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltlos ein Weihnachtsgeld, so entsteht nach der Rechtsprechung ein Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung".
Kein Rechtsanspruch entsteht, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld zwar in drei aufeinander folgenden Jahren, jedoch in unterschiedlicher Höhe geleistet hat, BAG-Urteil vom 28. Februar 1996.
Freiwilligkeitsvorbehalt
Ein Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung" entsteht nicht, wenn sich der Arbeitgeber die Freiwilligkeit ausdrücklich vorbehält, BAG-Urteil vom 12. Januar 2000. Im betreffenden Arbeitsvertrag war das Weihnachtsgeld als "freiwillige Leistung, die ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt wird" geregelt. Ferner war vereinbart, dass "auch die wiederholte freiwillige Zahlung keinen Rechtsanspruch auf Leistungsgewährung in der Zukunft begründet."
Das BAG hat mit Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden, dass sich Freiwilligkeits- und Widerrufsklauseln gegenseitig ausschließen. Im Streitfall war im Arbeitsvertrag eine Weihnachtsgratifikation zugesagt worden und außerdem geregelt, dass ein Rechtsanspruch nicht besteht und dass die Weihnachtsgratifikation eine "freiwillige, stets widerrufbare" Leistung darstellt.
Nach Auffassung des BAG sind diese Klauseln widersprüchlich und deshalb unwirksam. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte sollten deshalb nicht vermischt werden.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BAG entschieden hat, dass hinsichtlich einer monatlich zu zahlenden Leistungszulage ein Freiwilligkeitsvorbehalt in vorformulierten Arbeitsverträgen unzulässig ist, BAG-Urteil vom 25. April 2007. Hier ist jedoch ein Widerrufsvorbehalt zulässig.
Beseitigung eines Rechtsanspruchs
Ist ein Rechtsanspruch durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung entstanden, so kann der Arbeitgeber diesen wieder beseitigen, wenn er über drei Jahre hinweg erklärt, die jährliche Zahlung der Gratifikation sei eine freiwillige Leistung, auf die - auch zukünftig - kein Rechtsanspruch bestehe und die Arbeitnehmer der neuen Handhabung über diesen Zeitraum nicht widersprechen ("gegenläufige betriebliche Übung"). Das BAG hat klargestellt, dass dieser Vorbehalt des Arbeitgebers klar und unmissverständlich erklärt werden muss.
Mit Urteil vom 24. November 2004 hat das BAG entschieden, dass die Grundsätze zur "gegenläufigen betrieblichen Übung" nur anwendbar sind, wenn der Anspruch auf die Gratifikation ebenfalls durch eine betriebliche Übung entstanden ist. Ein Anspruch auf eine Sonderzahlung, der z. B. im Arbeitsvertrag durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag vereinbart worden ist, kann nur durch Änderungskündigung oder vertragliche Abreden unter Vorbehalt gestellt, verschlechtert oder beseitigt werden, so das BAG.
Gleichbehandlungsgrundsatz
Bei der Gratifikationsgewährung ist der Arbeitgeber grundsätzlich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Nur wenn "sachliche Gründe" vorliegen, sind Unterschiede gerechtfertigt. Zulässig ist es z.B., die Höhe der Zahlung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu staffeln. Zu berücksichtigen ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung und wegen der sexuellen Identität verbietet.
Das unterschiedliche Arbeitspensum von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten stellt grundsätzlich keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar, so dass Teilzeitbeschäftigte ebenfalls einen (entsprechend ihrer Arbeitszeit anteiligen) Gratifikationsanspruch haben. Dies gilt auch für geringfügig Beschäftigte.
Stichtagsregelung
In der jeweiligen Rechtgrundlage können Bedingungen für die Gewährung einer Gratifikation vorgesehen werden. Zulässig ist z.B. eine so genannte Stichtagsregelung, wonach nur dann Anspruch auf die Sonderzahlung besteht, wenn der Arbeitnehmer an einem bestimmten Stichtag (häufig 30. November) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.
Das BAG hat mit Urteil vom 30. März 1994 entschieden, dass die Zusage der Zahlung eines "Weihnachtsgeldes" unter Berücksichtigung der jeweils individuellen vertraglichen Absprachen dahin verstanden werden kann, dass ein Anspruch auf dieses Weihnachtsgeld nur gegeben sein soll, wenn das Arbeitsverhältnis zu Weihnachten noch besteht.
Andererseits hat das BAG mit Urteil vom 21. Mai 2003 festgestellt, dass das Fehlen besonderer vertraglicher Anspruchsvoraussetzungen dafür sprechen kann, dass die versprochene Leistung als reines Arbeitsentgelt zu qualifizieren ist. Im Streitfall war im Arbeitsvertrag weder eine bestimmte Wartezeit noch der (ungekündigte) Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt vorausgesetzt. Das BAG folgerte daraus, dass die Zahlung als "klassisches" 13. Monatsgehalt anzusehen ist und bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Kalenderjahres eine anteilige Leistung erbracht werden muss.
Rückzahlungsvorbehalt
Eine Weihnachtsgratifikation ist vom Arbeitnehmer nicht automatisch zurückzuzahlen, wenn er alsbald nach dem Erhalt der Leistung aus dem Betrieb ausscheidet. Eine Rückzahlungspflicht muss vielmehr ausdrücklich und konkret vereinbart sein. Eine Rückzahlungsverpflichtung, in der weder die Voraussetzungen noch der Bindungszeitraum angegeben sind, ist unwirksam; sie kann nicht dahin ausgelegt werden, dass stillschweigend die Grundsätze der BAG-Rechtsprechung vereinbart sein sollen, BAG-Urteil vom 14. Juni 1995. Einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln sind grundsätzlich auch dann zulässig, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, BAG-Urteil vom 28. März 2007.
Für die Wirksamkeit von einzelvertraglichen Rückzahlungsklauseln hat die Rechtsprechung Grenzwerte entwickelt, bei denen anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer durch die vereinbarte Rückzahlung in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit behindert wird. Der Arbeitnehmer kann umso länger gebunden werden, je höher der gewährte Vorteil ist.
Die Grundsätze der BAG-Rechtsprechung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Eine am Jahresende zu zahlende Gratifikation, die über 100 Euro, aber unter einem Monatsbezug liegt, kann den Arbeitnehmer bis zum Ablauf des 31. März des Folgejahres binden. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der mit Ablauf des 31. März des Folgejahres ausscheidet, den Anspruch auf die Gratifikation nicht verliert, BAG-Urteil vom 9. Juni 1993. Wird das Arbeitsverhältnis früher beendet, z.B. zum 15. März des Folgejahres, ist die Gratifikation bei einer entsprechenden vertraglichen Rückzahlungsklausel zurückzugewähren.
Nur wenn die Gratifikation einen Monatsbezug erreicht, ist eine Bindung des Arbeitnehmers über den 31. März des Folgejahres hinaus zulässig.
Kürzung
In vielen Tarif- und Arbeitsverträgen ist eine Kürzung der Gratifikation vorgesehen, wenn "das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht". In diesem Fall ist eine Kürzung z. B. bei unbezahltem Sonderurlaub oder aufgrund Elternzeit möglich. Krankheitsbedingte Fehlzeiten führen nicht zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses.
Ist im betreffenden Tarif- oder Arbeitsvertrag eine Kürzungsmöglichkeit nicht ausdrücklich vorgesehen, so ist die Kürzung in der Regel nicht möglich, BAG-Urteil vom 08. Dezember 1993.
Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz
Nach § 4 a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) kann eine Kürzung von Sondervergütungen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vereinbart werden. Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Gewährt ein Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Weihnachtszuwendung als freiwillige Leistung, so kann er in den Grenzen des § 4 a EFZG solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufwiesen. Einer vorherigen "Vereinbarung" im Sinne von § 4 a EFZG bedarf es insoweit nicht, BAG-Urteil vom 07.08.2002.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen Mutterschutzzeiten (Beschäftigungsverbote) bei Gratifikationen nicht anteilig leistungsmindernd berücksichtigt werden, EuGH-Urteil vom 21. Oktober 1999.
Arbeitsleistungsbezogene Sondervergütung
Bei so genannten arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen kann eine anteilige Kürzung für Zeiträume ohne Entgeltanspruch (z.B. nach der sechswöchigen Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit) erfolgen, BAG-Urteil vom 21. März 2001. Um eine derartige "arbeitsleistungsbezogene" Sonderzahlung kann es sich etwa bei einem "klassischen" 13. Monatsgehalt handeln oder wenn z.B. für den Anspruch weder eine Wartezeit vorausgesetzt noch auf den Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Ende des Bezugszeitraums (Stichtagsregelung) abgestellt wird.
November 2008
Gesetz gibt keinen Rechtsanspruch
Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber nicht, ein Weihnachtsgeld (Weihnachtsgratifikation) oder eine Jahressondervergütung zu zahlen. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf eine solche Zahlung können jedoch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen mit einem Betriebsrat oder Arbeitsverträge sein. Ein Anspruch kann auch aufgrund einer "betrieblichen Übung" bestehen. Zu beachten ist insbesondere die differenzierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Rechtsanspruch aufgrund Tarif- oder Arbeitsvertrag
Tarifverträge finden auf das einzelne Arbeitsverhältnis Anwendung, wenn Tarifgebundenheit aufgrund beiderseitiger Organisation besteht (Arbeitgeber ist Mitglied im tarifabschließenden Arbeitgeberverband oder selbst Partei des Tarifvertrages, Arbeitnehmer gehört gleichzeitig der tarifabschließenden Gewerkschaft an) oder der betreffende Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist oder die Anwendbarkeit des Tarifvertrages im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.
Gilt danach für das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag, so ist dort üblicherweise geregelt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe ein Anspruch auf eine Sonderzahlung besteht, ob Arbeitnehmer, die an einem bestimmten Stichtag im gekündigten Arbeitsverhältnis stehen vom Anspruch ausgeschlossen sind, ob eine Kürzung für Fehlzeiten und Ähnliches möglich ist usw..
Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung"
Unter einer "betrieblichen Übung" ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung auf Dauer eingeräumt werden. Zahlt der Arbeitgeber in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltlos ein Weihnachtsgeld, so entsteht nach der Rechtsprechung ein Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung".
Kein Rechtsanspruch entsteht, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld zwar in drei aufeinander folgenden Jahren, jedoch in unterschiedlicher Höhe geleistet hat, BAG-Urteil vom 28. Februar 1996.
Freiwilligkeitsvorbehalt
Ein Rechtsanspruch aufgrund "betrieblicher Übung" entsteht nicht, wenn sich der Arbeitgeber die Freiwilligkeit ausdrücklich vorbehält, BAG-Urteil vom 12. Januar 2000. Im betreffenden Arbeitsvertrag war das Weihnachtsgeld als "freiwillige Leistung, die ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt wird" geregelt. Ferner war vereinbart, dass "auch die wiederholte freiwillige Zahlung keinen Rechtsanspruch auf Leistungsgewährung in der Zukunft begründet."
Das BAG hat mit Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden, dass sich Freiwilligkeits- und Widerrufsklauseln gegenseitig ausschließen. Im Streitfall war im Arbeitsvertrag eine Weihnachtsgratifikation zugesagt worden und außerdem geregelt, dass ein Rechtsanspruch nicht besteht und dass die Weihnachtsgratifikation eine "freiwillige, stets widerrufbare" Leistung darstellt.
Nach Auffassung des BAG sind diese Klauseln widersprüchlich und deshalb unwirksam. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte sollten deshalb nicht vermischt werden.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BAG entschieden hat, dass hinsichtlich einer monatlich zu zahlenden Leistungszulage ein Freiwilligkeitsvorbehalt in vorformulierten Arbeitsverträgen unzulässig ist, BAG-Urteil vom 25. April 2007. Hier ist jedoch ein Widerrufsvorbehalt zulässig.
Beseitigung eines Rechtsanspruchs
Ist ein Rechtsanspruch durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung entstanden, so kann der Arbeitgeber diesen wieder beseitigen, wenn er über drei Jahre hinweg erklärt, die jährliche Zahlung der Gratifikation sei eine freiwillige Leistung, auf die - auch zukünftig - kein Rechtsanspruch bestehe und die Arbeitnehmer der neuen Handhabung über diesen Zeitraum nicht widersprechen ("gegenläufige betriebliche Übung"). Das BAG hat klargestellt, dass dieser Vorbehalt des Arbeitgebers klar und unmissverständlich erklärt werden muss.
Mit Urteil vom 24. November 2004 hat das BAG entschieden, dass die Grundsätze zur "gegenläufigen betrieblichen Übung" nur anwendbar sind, wenn der Anspruch auf die Gratifikation ebenfalls durch eine betriebliche Übung entstanden ist. Ein Anspruch auf eine Sonderzahlung, der z. B. im Arbeitsvertrag durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag vereinbart worden ist, kann nur durch Änderungskündigung oder vertragliche Abreden unter Vorbehalt gestellt, verschlechtert oder beseitigt werden, so das BAG.
Gleichbehandlungsgrundsatz
Bei der Gratifikationsgewährung ist der Arbeitgeber grundsätzlich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Nur wenn "sachliche Gründe" vorliegen, sind Unterschiede gerechtfertigt. Zulässig ist es z.B., die Höhe der Zahlung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu staffeln. Zu berücksichtigen ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung und wegen der sexuellen Identität verbietet.
Das unterschiedliche Arbeitspensum von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten stellt grundsätzlich keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar, so dass Teilzeitbeschäftigte ebenfalls einen (entsprechend ihrer Arbeitszeit anteiligen) Gratifikationsanspruch haben. Dies gilt auch für geringfügig Beschäftigte.
Stichtagsregelung
In der jeweiligen Rechtgrundlage können Bedingungen für die Gewährung einer Gratifikation vorgesehen werden. Zulässig ist z.B. eine so genannte Stichtagsregelung, wonach nur dann Anspruch auf die Sonderzahlung besteht, wenn der Arbeitnehmer an einem bestimmten Stichtag (häufig 30. November) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.
Das BAG hat mit Urteil vom 30. März 1994 entschieden, dass die Zusage der Zahlung eines "Weihnachtsgeldes" unter Berücksichtigung der jeweils individuellen vertraglichen Absprachen dahin verstanden werden kann, dass ein Anspruch auf dieses Weihnachtsgeld nur gegeben sein soll, wenn das Arbeitsverhältnis zu Weihnachten noch besteht.
Andererseits hat das BAG mit Urteil vom 21. Mai 2003 festgestellt, dass das Fehlen besonderer vertraglicher Anspruchsvoraussetzungen dafür sprechen kann, dass die versprochene Leistung als reines Arbeitsentgelt zu qualifizieren ist. Im Streitfall war im Arbeitsvertrag weder eine bestimmte Wartezeit noch der (ungekündigte) Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt vorausgesetzt. Das BAG folgerte daraus, dass die Zahlung als "klassisches" 13. Monatsgehalt anzusehen ist und bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Kalenderjahres eine anteilige Leistung erbracht werden muss.
Rückzahlungsvorbehalt
Eine Weihnachtsgratifikation ist vom Arbeitnehmer nicht automatisch zurückzuzahlen, wenn er alsbald nach dem Erhalt der Leistung aus dem Betrieb ausscheidet. Eine Rückzahlungspflicht muss vielmehr ausdrücklich und konkret vereinbart sein. Eine Rückzahlungsverpflichtung, in der weder die Voraussetzungen noch der Bindungszeitraum angegeben sind, ist unwirksam; sie kann nicht dahin ausgelegt werden, dass stillschweigend die Grundsätze der BAG-Rechtsprechung vereinbart sein sollen, BAG-Urteil vom 14. Juni 1995. Einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln sind grundsätzlich auch dann zulässig, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, BAG-Urteil vom 28. März 2007.
Für die Wirksamkeit von einzelvertraglichen Rückzahlungsklauseln hat die Rechtsprechung Grenzwerte entwickelt, bei denen anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer durch die vereinbarte Rückzahlung in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit behindert wird. Der Arbeitnehmer kann umso länger gebunden werden, je höher der gewährte Vorteil ist.
Die Grundsätze der BAG-Rechtsprechung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Eine am Jahresende zu zahlende Gratifikation, die über 100 Euro, aber unter einem Monatsbezug liegt, kann den Arbeitnehmer bis zum Ablauf des 31. März des Folgejahres binden. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der mit Ablauf des 31. März des Folgejahres ausscheidet, den Anspruch auf die Gratifikation nicht verliert, BAG-Urteil vom 9. Juni 1993. Wird das Arbeitsverhältnis früher beendet, z.B. zum 15. März des Folgejahres, ist die Gratifikation bei einer entsprechenden vertraglichen Rückzahlungsklausel zurückzugewähren.
Nur wenn die Gratifikation einen Monatsbezug erreicht, ist eine Bindung des Arbeitnehmers über den 31. März des Folgejahres hinaus zulässig.
Kürzung
In vielen Tarif- und Arbeitsverträgen ist eine Kürzung der Gratifikation vorgesehen, wenn "das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht". In diesem Fall ist eine Kürzung z. B. bei unbezahltem Sonderurlaub oder aufgrund Elternzeit möglich. Krankheitsbedingte Fehlzeiten führen nicht zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses.
Ist im betreffenden Tarif- oder Arbeitsvertrag eine Kürzungsmöglichkeit nicht ausdrücklich vorgesehen, so ist die Kürzung in der Regel nicht möglich, BAG-Urteil vom 08. Dezember 1993.
Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz
Nach § 4 a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) kann eine Kürzung von Sondervergütungen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vereinbart werden. Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Gewährt ein Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Weihnachtszuwendung als freiwillige Leistung, so kann er in den Grenzen des § 4 a EFZG solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufwiesen. Einer vorherigen "Vereinbarung" im Sinne von § 4 a EFZG bedarf es insoweit nicht, BAG-Urteil vom 07.08.2002.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen Mutterschutzzeiten (Beschäftigungsverbote) bei Gratifikationen nicht anteilig leistungsmindernd berücksichtigt werden, EuGH-Urteil vom 21. Oktober 1999.
Arbeitsleistungsbezogene Sondervergütung
Bei so genannten arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen kann eine anteilige Kürzung für Zeiträume ohne Entgeltanspruch (z.B. nach der sechswöchigen Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit) erfolgen, BAG-Urteil vom 21. März 2001. Um eine derartige "arbeitsleistungsbezogene" Sonderzahlung kann es sich etwa bei einem "klassischen" 13. Monatsgehalt handeln oder wenn z.B. für den Anspruch weder eine Wartezeit vorausgesetzt noch auf den Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Ende des Bezugszeitraums (Stichtagsregelung) abgestellt wird.
November 2008