Ab 1. Januar bzw. 1. Juli 2003: Gesetzliche Neureglungen für den Arbeitmarkt (sog. Hartz-Gesetze)
Aufgrund der am Jahresende 2002 verabschiedeten "Hartz-Gesetze" (Erstes und Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I 2002, Seite 4607 und BGBl. I 2002, Seite 4621) gelten mit Wirkung ab 01.01.2003 bzw. 01.07.2003 verschiedene gesetzliche Neuregelungen am Arbeitsmarkt. Nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick über wichtige Neuerungen:
Ab dem 01.07.2003 müssen sich Arbeitnehmer sofort nach Zugang der Kündigung oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages bzw. rechtzeitig vor Ende einer Befristung persönlich beim Arbeitsamt melden. Bei verspäteter Meldung wird das Arbeitslosengeld bis zu 30 Tage gemindert. Arbeitgeber haben die Arbeitnehmer insoweit zu informieren.
Personal-Service-Agenturen / Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)
Vermittlungsorientierte Zeitarbeit soll wesentlich stärker als bisher genutzt werden. Es werden deswegen flächendeckend Personal-Service-Agenturen (PSAen) eingerichtet. Jedes Arbeitsamt wird verpflichtet, wenigstens eine PSA einzurichten. Welche Arbeitslose in der PSA beschäftigt werden, wird zwischen Arbeitsamt und PSAen vereinbart und ist abhängig von regionalen Strukturen und Besonderheiten. Die schnellstmögliche direkte Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt hat Vorrang.
Bei Anstellung in der PSA erhalten Arbeitslose einen Arbeitsvertrag und den Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung (Anmerkung: Es besteht kein Arbeitsverhältnis zum Entleihbetrieb).
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts von Leiharbeitnehmern entsprechen den Arbeitsbedingungen, die im Entleihbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Von dieser Regel kann in zwei Fällen abgewichen werden:
- in den ersten sechs Wochen des Beschäftigungsverhältnisses. Die Entlohnung darf jedoch nicht unter dem Arbeitslosengeld liegen.
- sofern ein Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsieht.
Im Gegenzug entfallen im AÜG das so genannte besondere Befristungsverbot, das Wiedereinstellungsverbot, das Synchronisationsverbot sowie die Beschränkung der Überlassungsdauer auf 24 Monate.
Arbeitnehmerüberlassung ist zukünftig nicht nur zwischen Betrieben des Baugewerbes, sondern auch von anderen Betrieben in Betriebe des Baugewerbes zulässig, wenn ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der diese Betriebe erfasst, dies bestimmt.
Übergangsregelung
Um den Tarifpartnern Zeit zu geben, in Tarifverträgen angemessene Regelungen zu finden, die sowohl Verleihzeiten wie verleihfreie Zeiten umfassen, treten die Neuregelungen des AÜG erst nach einer Übergangszeit zum 1. Januar 2004 in Kraft. Die Tarifvertragsparteien haben aber die Möglichkeit, durch zügigen Abschluss von Tarifverträgen zu einer früheren Neuordnung der Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer zu gelangen. In diesem Fall entfallen das besondere Befristungsverbot, das Wiedereinstellungsverbot, das Synchronisationsverbot sowie die Beschränkung der Überlassungsdauer mit Inkrafttreten der tarifvertraglichen Regelungen.
Änderung der Sperrzeitregelung / Beweislastumkehr
Wie bisher, kann das Arbeitslosengeld bei Vorliegen "verschuldeter" Arbeitslosigkeit gesperrt werden. Es erfolgt jedoch eine Änderung der Beweislast. Künftig muss im Streitfall der Arbeitslose und nicht mehr das Arbeitsamt beweisen, dass er sich nicht versicherungswidrig verhalten oder die Arbeitslosigkeit nicht schuldhaft herbeigeführt oder deren Beendigung nicht schuldhaft vereitelt hat.
Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer
Ältere Arbeitnehmer ab dem vollendeten 50. Lebensjahr, die vormals arbeitslos waren oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, erhalten steuerfreie Zuschüsse vom Arbeitsamt, wenn sie eine schlechter bezahlte Beschäftigung aufnehmen. Die Lohnsicherung besteht aus zwei Leistungen:
- Zuschuss von 50% der "Nettoentgeltdifferenz" zwischen der Beschäftigung vor und nach Arbeitslosigkeit;
- "Höherversicherung" in der gesetzlichen Rentenversicherung auf 90% des Bemessungsentgelts, das für das vorherige Arbeitslosengeld maßgeblich war.
Beitragsbonus für Arbeitgeber
Arbeitgeber, die über 55jährige Arbeitslose einstellen, sind von ihrem Beitrag zur Arbeitslosenversicherung (3,25 %) befreit.
Befristete Beschäftigung Älterer
Die im Teilzeit- und Befristungsgesetz festgelegte Altersgrenze, ab der mit Arbeitnehmern befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Befristungsgrund und ohne zeitliche Höchstgrenze abgeschlossen werden können, wird zunächst befristet für vier Jahre vom 58. Lebensjahr auf das 52. Lebensjahr gesenkt (Anmerkung: Gegen diese Regelung bestehen europarechtliche Bedenken).
Einrichtung von Job-Centern
Arbeitsämter sollen mittelfristig in sogenannte Job-Center umgewandelt werden, die gemeinsame Anlaufstellen von Arbeitsamt und Trägern der Sozialhilfe sind. Das Job-Center soll den Bürgern Zugang zu allen erforderlichen arbeitsmarktbezogenen Beratungs-, Vermittelungs- und Integrationsleistungen sowie zu Geldleistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts erschließen.
"Ich- bzw. Familien AG" / Existenzgründungszuschuss
Es wird ein Anspruch auf einen Existenzgründungszuschuss zur Unterstützung der sogenannten Ich- bzw. Familien AG eingeführt (bis Ende 2005 befristet). Die Förderung richtet sich an vormalige Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe oder Beschäftigte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen, die eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen.
Der Zuschuss wird vom Arbeitsamt für maximal drei Jahre gewährt, solange das Einkommen 25.000 Euro im Jahr nicht überschreitet · allenfalls Familienmitglieder mitarbeiten, aber keine Arbeitnehmer.
Der steuerfreie Zuschuss beträgt im ersten Jahr 600 Euro, im zweiten Jahr 360 Euro und im dritten Jahr 240 Euro, jeweils monatlich.
Link zu den Gesetzestexten:
Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I 2002, Seite 4607
Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I 2002, Seite 4621
Weiterführende Links:
Bundesagentur für Arbeit
Januar 2003